Pflichtverteidiger – Ein Anwalt des Gerichts?
In vielen strafrechtlichen Situationen kann es vorkommen, dass ein Beschuldigter einen Pflichtverteidiger beigeordnet bekommt.
Viele Beschuldigte stehen dem Pflichtverteidiger erst einmal skeptisch gegenüber, da sie dem Irrtum unterliegen, dass der Pflichtverteidiger auf Seiten des Gerichts steht.
Dieser Irrtum lässt sich darauf zurückführen, dass der Pflichtverteidiger vom Gericht durch Beschluss bestellt wird. Dennoch steht der Pflichtverteidiger auf Seiten des Beklagten und muss – ebenso wie ein Wahlverteidiger – für eine ordnungsgemäße Verteidigung vor Gericht Sorge tragen.
Ein weiterer Irrtum, der häufig im Zusammenhang mit der Pflichtverteidigung entsteht, ist der, dass mittellose Personen stets einen Pflichtverteidiger gestellt bekommen – ähnlich der Prozesskostenhilfe im Zivilprozessrecht. Eine Beiordnung erfolgt allerdings unabhängig von finanziellen Verhältnissen. Vielmehr gibt es andere gesetzliche Vorgaben, wann ein Pflichtverteidiger zu bestellen ist.
Diese Voraussetzungen ergeben sich vornehmlich aus § 140 StPO. Dort werden verschiedene Fälle genannt, in denen der Gesetzgeber davon ausging, dass eine Person nicht ohne anwaltlichen Beistand vor Gericht stehen darf. Der Beschuldigte soll sich in diesen Konstellationen nicht allein der Macht des Staates ausgesetzt sehen.
Häufig ergibt sich das Erfordernis der Beiordnung in meinem Tätigkeitsbereich in Fällen der anzuordnenden Untersuchungshaft. Eine bisher unverteidigte Person wird vorläufig festgenommen und soll auf Antrag der Staatsanwaltschaft dem Haftrichter vorgeführt werden. Spätestens jetzt – wo es um die Verhängung der Untersuchungshaft geht – muss der beschuldigten Person ein Verteidiger zur Seite gestellt werden. Die drohende Untersuchungshaft stellt eine so eingreifende Maßnahme dar, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass sich ein Beschuldigter nicht mehr alleine verteidigen kann.
Von mir als Anwältin fordert diese Konstellation ein hohes Maß an Flexibilität, da Festnahmen selbstverständlich häufig nicht geplant sind und eher zufällig geschehen. Die darauffolgende Haftvorführung kann daher terminlich äußerst spontan oder auch an Wochenenden oder Feiertagen angesetzt werden. Unter meiner hier angegebenen Handynummer bin ich allerdings auch zu diesen Zeiten für Sie erreichbar. Sollten Sie sich also in einer solchen Situation vorfinden, zögern Sie nicht auch außerhalb der Geschäftszeiten oder am Wochenende an mich heranzutreten.
Eine Beiordnung kann allerdings auch ohne drohende Untersuchungshaft erfolgen. Häufig ist es so, dass der zuständige Richter erst der Ermittlungsakte entnimmt, dass eine Beiordnung angezeigt erscheint.
Im Vorfeld können daher bereits längere Ermittlungen durch die Polizei stattgefunden haben. Auch Vernehmungen können bereits durchgeführt worden sein.
Dieser Fall kommt beispielsweise vor, wenn dem bisher unverteidigten Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird oder eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr droht. Zudem erfolgen Beiordnungen häufig, wenn dem Beschuldigten ein Bewährungswiderruf in entsprechender Höhe droht.
Auch kann eine Beiordnung gem. § 140 Abs. 2 StPO erfolgen, wenn die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage dies gebietet. Wann das der Fall ist, wird allerdings häufig im Einzelfall zu entscheiden sein.
Nach Eingang der Akten beim zuständigen Amtsgericht werden Beschuldigte häufig angeschrieben, mit der Bitte, einen Pflichtverteidiger zu benennen. Diese Post bleibt allerdings allzu oft unbeantwortet, sodass den Beschuldigten dann meist ein Verteidiger beigeordnet wird, der vorher vom Gericht kontaktiert wird. Im Zweifel kennt der Beschuldigte den Verteidiger dann allerdings nicht. Es ist daher ratsam, in diesem Fall Kontakt zu einem Verteidiger aufzunehmen, den sich die Person dann selbst aussuchen kann. Der Verteidiger kann sich dann bei Gericht melden und um Beiordnung bitten.
Schließlich kommt es ebenfalls häufig vor, dass Mandanten die Kanzlei mit einer Vorladung zur Beschuldigtenvernehmung aufsuchen. Hier stellt sich häufig im Rahmen der ersten Sachverhaltserfassung heraus, dass eine Beiordnung in Betracht kommt. Ich stelle für Sie dann einen Antrag bei dem zuständigen Ermittlungsrichter.
Eine Beiordnung bedeutet demnach im Grunde, dass der Beschuldigte nicht mit einem schwerwiegenden Tatvorwurf oder schwerwiegenden Konsequenzen alleine gelassen werden soll. Er soll dem Machtgebilde aus Staat und Staatsanwaltschaft nicht alleine gegenübertreten müssen. Der beigeordnete Verteidiger soll die Position des Beschuldigten stärken und sichern.
Dies wird gerade im Falle der Untersuchungshaft deutlich, da der Beschuldigte dort seiner Freiheit beraubt wird und auf umfangreiche Hilfe angewiesen ist.
Dieses Schutzbedürfnis darf allerdings nicht davon abhängig gemacht werden, ob der Beschuldigte in diesen Momenten über ausreichende finanzielle Mittel verfügt. Er soll nicht davon Abstand nehmen müssen, einen Verteidiger zu konsultieren, weil er denkt, sich keinen Anwalt leisten zu können. Hier führt die Beiordnung als Pflichtverteidiger dazu, dass der Staat zunächst die Kosten des Anwalts übernimmt und dieser auch direkt mit dem Staat seine Kosten abrechnet.
Allerdings hat der Staat im Falle einer Verurteilung einen Anspruch auf Rückzahlung der Verfahrenskosten. Im Falle eines Freispruchs trägt selbstverständlich der Staat die gesamten Kosten.
Wie bereits deutlich wurde, wird eine Beiordnung allerdings nicht aufgrund der finanziellen Situation des Beschuldigten vorgenommen, sondern aufgrund der strafrechtlichen Situation. Auch ein Beschuldigter mit ausreichenden finanziellen Mitteln kann einen Pflichtverteidiger beigeordnet bekommen.
Sollten Sie sich einmal einem strafrechtlichen Vorwurf ausgesetzt sehen, zögern Sie nicht mich zu kontaktieren. Gerne prüfe ich für Sie, ob eine Beiordnung als Pflichtverteidigerin in Ihrem Fall erreicht werden kann.